Ratenzahlungsvereinbarungen im Lichte des Anfechtungstrechts des Insovlenzverwalters

BGH, Urteil vom 06.12.2012, Az.: IX ZR 3/12 und 2, 133 Abs. 1 Satz 2 InsO

Leitsätze

Insolvenzverwalter können nach § 133 Abs. 1 InsO Rechtshandlungen des Schuldners, die dieser in den letzten 10 Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz getätigt hat, anfechten und die Leistungen zurückfordern.

Benachteiligungsvorsatz ist nach BGH dabei bereits dann „gegeben, wenn der Schuldner die Benachteiligung seiner Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge – sei es auch als unvermeidliche Nebenfolge eines an sich erstrebten Vorteils – erkannt und gebilligt hat“. Dies ist bereits dann der Fall, wenn ein Gläubiger befriedigt wird, um sich z.B. dessen Leistungen zu sichern oder den drängenden Gläubiger ruhig zu stellen, ein anderer Gläubiger aber nicht bezahlt wird. „Ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz“. Zahlungsunfähigkeit ist nach § 17 InsO zu beurteilen. Sie liegt z.B. vor, wenn eine Zahlungseinstellung gegeben ist (§ 17 Abs. 2 InsO). Zahlungseinstellung ist nach BGH „dasjenige nach außen hervortretende Verhalten des Schuldner, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen“. Es sind dabei nur fällige und eingeforderte Verbindlichkeiten zu berücksichtigen. Das Begehren von Ratenzahlung durch den Schuldner zeigt äußerlich, dass er nicht in der Lage ist, die Forderung sofort und durch einmalige Zahlung zu begleichen. Betrifft dies auch noch 10% oder mehr seiner Gesamtverbindlichkeiten, liegt Zahlungsunfähigkeit vor.

Der Gläubiger muss die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners kennen, weil er dann „auch weiß, dass Leistungen aus dem Vermögen des Schuldners die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereiteln oder zumindest erschweren und verzögern. Mithin ist ein solcher Gläubiger zugleich regelmäßig über den Benachteiligungsvorsatz im Bilde.“ Dabei ist es ausreichend, wenn wegen einer Forderung, die nicht unerheblichen Umfang aufweist, die Ratenzahlung seitens des Schuldners begehrt wird. Dann hat zumindest dieser mit dem Ratenzahlungsbegehren konfrontierte Gläubiger Kenntnis von der Zahlungseinstellung und damit der Zahlungsunfähigkeit.

Der BGH hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob eine Ratenzahlungsvereinbarung die Zahlungsunfähigkeit ausschließt und die Kenntnis des Gläubigers beseitigt.

Das Begehren des Schuldners auf Ratenzahlung zeigt dabei bereits, dass die Forderung nicht sofort beglichen werden kann und damit Zahlungseinstellung vorliegt. Dem Gläubiger sind die maßgebenden Umstände dabei bekannt, so dass grundsätzlich die Voraussetzungen der Insolvenzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO vorliegen. Da aber nur fällige und eingeforderte Verbindlichkeiten zu berücksichtigen sind, wurde die Frage relevant, ob die Ratenzahlungsvereinbarung die Fälligkeit und Einforderung aufhebt. „Forderungen, die rechtlich oder auch nur tatsächlich – also ohne rechtlichen Bindungswillen oder erkennbare Erklärung – gestundet sind, dürfen bei der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit nicht berücksichtigt werden.“

Jedoch „hat der Gläubiger zu beweisen, dass die bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit des Schuldners durch die mit ihm getroffene Ratenzahlungsvereinbarung nachträglich entfallen ist. Die Kenntnis des Gläubigers von einer bestehenden Zahlungsunfähigkeit entfällt nicht durch den Abschluss einer von dem Schuldner vereinbarungsgemäß bedienten Ratenzahlungsvereinbarung, wenn bei dem gewerblich tätigen Schuldner mit weiteren Gläubigern zu rechnen ist, die keinen vergleichbaren Druck zur Eintreibung ihrer Forderungen ausüben.“ (Leitsätze der Entscheidung). Gerade bei einem gewerblich tätigen Schuldner kann sich der Gläubiger also nicht darauf zurückziehen, dass seine Forderung die einzige ist und mit der Ratenzahlungsvereinbarung/Stundung die Zahlungsunfähigkeit beseitigt ist. Im Verfahren müsste der Gläubiger also nachweisen, dass der Schuldner mit allen seinen Gläubigern Ratenzahlungsvereinbarungen abgeschlossen hat oder keine weiteren Gläubiger vorhanden sind. Kann der Schuldner dies bei Abschluss der Ratenzahlungsvereinbarung glaubhaft versichern, sollte dies in die Vereinbarung mit aufgenommen werden und kann in einem erforderlich werdenden Verfahren zum Nachweis der Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit verwandt werden.

Im vom BGH entschiedenen Fall kam für die dortige Gläubigerin erschwerend hinzu, dass die Schuldnerin die zunächst getroffene Ratenzahlungsvereinbarung nicht vollständig eingehalten hatte und wegen der Restforderungen eine erneute Ratenzahlungsvereinbarung geschlossen wurde, die wiederum nicht vollständig erfüllt wurde. Der BGH hat daher ausgeführt, dass die Nichteinhaltung einer Ratenzahlungsvereinbarung definitiv zur Zahlungsunfähigkeit des Schuldners führt und Kenntnis des Gläubigers besteht. „Hat der Gläubiger das Stillhalten an die Erbringung gewisser Leistungen, insbesondere Ratenzahlungen, geknüpft, wird der Schuldner allerdings von Neuem zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, diese Leistungen zu erbringen“. Für die Entscheidung des BGH waren allerdings nur Zahlungen relevant, die nach erneuter Nichtzahlung von Raten geleistet worden waren. Die grundsätzlichen Ausführungen des BGH lassen jedoch nur den Schluss zu, dass bereits die erste Ratenzahlungsvereinbarung über eine erhebliche Forderung die Darlegungs- und Beweislast des Gläubigers auslösen.

Im Ergebnis ist festzustellen, dass der BGH die Rechtsposition von Insolvenzverwaltern weiter gestärkt und für alle Gläubiger, die ihre Forderungen durch nachträgliche Ratenzahlungsvereinbarung einziehen, ein erhebliches, weil 10 Jahre zurückreichendes Risiko begründet hat. Dennoch bleiben Ratenzahlungsvereinbarungen ein probates Mittel der Forderungseinziehung, da sie auf wechselseitiger Akzeptanz beruhen.