Gesetzesentwurf zur Reform des Rechts der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern – der große Wurf oder doch auf halbem Wege stehen geblieben?

Mit dem am 04.07.2012 beschlossenen Gesetzesentwurf zur Reform des Rechts der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern wird der Gesetzgeber ein geregeltes Verfahren zur Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge zur Verfügung stellen.

Am 04.07.2012 hat das Kabinett den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform des Rechts der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern verabschiedet. Dieser wird vielfach in der Öffentlichkeit dahingehend geprießen, dass sich dann ab Inkrafttreten dieser Reform das Schicksal sogenannter Zahlväter ändert. Als Zahlväter werden solche Väter bezeichnet, die zwar zum Kindesunterhalt herangezogen werden, jedoch keinerlei Mitbestimmungsrecht an der Entwicklung ihrer Kinder haben, weil ihnen kein Sorgerecht zusteht.

Dies ist der mit dem Gesetzentwurf abgeänderten Regelung des § 1626 a BGB geschuldet. Danach besteht gemeinsame elterliche Sorge, wenn eine gemeinsame Sorgeerklärung abgegeben wird oder die Eltern einander heiraten. Tritt keiner der beiden Fälle ein, steht die elterliche Sorge allein der Mutter zu (§ 1626a Abs. 2 BGB), ohne dass eine gemeinsame elterliche Sorge eingeklagt hätte werden können. Eine ähnliche unzulängliche Situation tritt ein, wenn bei getrennt lebenden Eltern, aber alleiniger elterlicher Sorge der Mutter, nach § 1626a Abs. 2 BGB der Vater zum Wohle dies Kindes die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge oder eines Teils hiervon auf sich beantragte. Dies konnte nur mit Zustimmung der Mutter erfolgen (§ 1672 Abs 1 BGB).

Das Bundesverfassungsgericht hatte mit seinem im Einklang mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte stehenden Beschluss vom 21.07.2010 entschieden, dass § 1626a Abs. 1 BGB bis zur Neuregelung durch den Gesetzgeber mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil hiervon auf die Eltern gemeinsam überträgt, soweit zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl entspricht. Bis zum Inkrafttreten einer Neuregelung ist § 1672 BGB mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Familiengericht dem Vater auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil hiervon überträgt, soweit eine gemeinsame elterliche Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, das dies dem Kindeswohl am besten entspricht. Zur Begründung hatte das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, dass auch dem nichtehelichen Vater das Grundrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG zusteht. Dabei ist der Vater seinem nichtehelichen Kind unmittelbar zu Pflege und Erziehung verpflichtet. Dieses Recht und diese Pflicht sind nur durch das Kindeswohl eingeschränkt.

Seit dieser Entscheidung ist die Rechtslage mithin so, dass der Vater eine Entscheidung über die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge und auch die alleinige elterliche Sorge beim Familiengericht beantragen kann.

Der Gesetzgeber hatte mit der vom Bundesverfassungsgericht angemahnten Neuregelung nunmehr zwei Ansatzpunkte – die gemeinsame elterliche Sorge mit der Geburt des Kindes und Anerkennung der Vaterschaft beginnen zu lassen oder aber die elterliche Sorge mit der Geburt zunächst allein bei der Mutter zu belassen und dem Vater ein rechtsstaatliches Verfahren zur Erlangung der gemeinsamen elterlichen Sorge zur Seite zu stellen. Der Gesetzgeber hat sich zu letzterem entschieden. Man mag geteilter Auffassung sein, ob das Elternrecht des Vaters nicht bereits mit der Geburt eines gesetzlichen Schutzes bedurft hätte. Der Gesetzgeber hat mit der Neuregelung gegenüber der bestehenden Rechtslage durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aber dennoch eine Verbesserung der Väterrechte erreicht.

Während das Bundesverfassungsgericht für die Herstellung der gemeinsamen elterlichen Sorge noch als Voraussetzung formuliert hatte, dass „zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl entspricht“, hat der Gesetzgeber in § 1626a Abs. 2 BGB-E die Übertragung normiert, „wenn dies dem Kindeswohl nicht widerspricht. Trägt der andere Elternteil keine Gründe vor, die der Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen können, und sind solche Gründe auch sonst nicht ersichtlich, wird vermutet, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht.“ Der Gesetzgeber hat damit eine Vermutung gesetzlich eingeführt, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl entspricht. Damit hat der Gesetzgeber die prozessuale Lage der Väter deutlich gestärkt. Nicht mehr der Vater hat zu beweisen, dass die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl entspricht, sondern die Mutter das Gegenteil.

Darüber hinaus hat der Gesetzgeber mit § 155a Abs. 3 FamFG-E ein vereinfachtes Verfahren ohne Anhörung des Jugendamts und der Eltern für den Fall geschaffen, dass keine Gründe gegen die gemeinsame elterliche Sorge vorgetragen werden (schriftliches Verfahren).

Die Reform des elterlichen Sorgerechts wird daher die Rechtsstellung von Vätern nichtehelicher Kinder weiter verbessern, auch wenn mit Sicherheit Einigen die Reform nicht weit genug gegangen ist.