Versorgungsausgleich und Gütertrennung durch Ehevertrag

Eine aus vorehelichem Vermögen begründete Versorgungsanwartschaft unterfällt dem Versorgungsausgleich
Eine private Rentenversicherung ist auch dann in den Versorgungsausgleich bei Scheidung der Ehe einzubeziehen, wenn die Beiträge zu dieser privaten Rentenversicherung nicht ratierlich aus dem laufenden Einkommen, sondern vielmehr nach vertraglich vereinbarter Gütertrennung aus Mitteln des vorehelich erworbenen Privatvermögens aufgebracht wurden.

Der BGH hat in der noch zum alten Versorgungsausgleichsrecht (§§ 1587 ff BGB a.F.) ergangenen Entscheidung vom 30.03.2011, Az.: XII ZB 54/09 klar gestellt, dass eine während der Ehe zur Alterssicherung begründete Versorgungsanwartschaft auch dann bei Scheidung auszugleichen ist, wenn diese allein aus dem Anfangsvermögen des Ehegatten nach Beginn er Ehe begründet wurde. Unklar am Sachverhalt dieser Entscheidung ist allein, ob die privaten Rentenversicherungen vor oder nach ehevertraglicher Vereinbarung der Gütertrennung begründet wurden.

Zur Begründung hat der BGH ausgeführt, dass das Gesetz (§ 1587 Abs. 1 BGB a.F.) alle Versorgungsanwartschaften einbezieht, die während der Ehezeit aus Vermögen oder Arbeit der Ehegatten erworben wurden. Auf die Herkunft des Vermögens oder den Zeitpunkt dessen Erwerbs kommt es dabei nicht an. Entscheidend ist allein, dass die Versorgungsanwartschaft auf Vermögen eines der Ehegatten während der Ehezeit erworben wurde. Rentenanwartschaften, die aus dem Vermögen Dritter erworben wurden – etwa Schenkungen der Eltern – sind nicht mit einzubeziehen. Auszugleichen sind daher auch Anwartschaften, die allein aus Anfangsvermögen eines der Ehegatten während der Ehezeit erworben wurden.

Nach diesem Grundsatz hatte der BGH die tatrichterlichen Feststellungen zur groben Unbilligkeit des Versorgungsausgleichs nach § 1587 c Nr. 1 BGB a.F. (eingeschränkt) zu überprüfen. Danach findet der Versorgungsausgleich nicht statt, wenn die Inanspruchnahme des verpflichteten unter Berücksichtigung der beiderseitigen Verhältnisse, insbesondere des beiderseitigen Vermögenserwerbs während der Ehe oder im Zusammenhang mit der Scheidung, grob unbillig wäre. Dabei verbietet sich eine schematische Betrachtungsweise. Die Gesamtumstände des Einzelfalls sind zu berücksichtigen. Eine Gesamtabwägung der wirtschaftlichen, sozialen und persönlichen Verhältnisse der Ehegatten im Einzelfall hat stattzufinden.

Dabei hat der BGH nochmals die Grundlagen des Versorgungsausgleichs deutlich gemacht. Dieser rechtfertigt sich nicht nur aus dem Zugewinnausgleichsgedanken, sondern auch aus der Pflicht, die Altersversorgung des anderen Ehegatten sicher zu stellen. In intakter Ehe partizipiert der andere Ehegatte an den erworbenen Versorgungspositionen nach Eintritt des Versorgungsfalls im Rahmen der ehelichen Unterhaltsgemeinschaft. Dieser ehelichen Unterhaltspflicht (auch für die Zukunft) kommt der der gesetzlichen Rentenversicherung angehörende erwerbstätige Ehegatte durch Zahlung seiner Pflichtbeiträge, der Beamte durch kontinuierliche Leistung zum Aufbau einer Beamtenversorgung geeigneter Dienste und der Selbständige oder Vermögende durch Einzahlung in eine private Rentenversicherung nach. Die so ehezeitlich aufgebauten Versorgungsanwartschaften sind demnach aufgrund der ehelichen Unterhaltspflicht zur Sicherung beider Ehegatten bestimmt. Der Gedanke der einmal auf Lebenszeit angelegten ehelichen Lebensgemeinschaft und damit Versorgungsgemeinschaft setzt sich gegenüber der formalen Zuordnung der Versorgungsanwartschaften auf einen Ehegatten durch. Der Halbteilungsgrundsatz steht dabei im Einklang mit der Idee der ehelichen Lebensgemeinschaft, in der ein rechnerisches Abwägen der beiderseitigen Leistungen und Verdienste als auch der teilhabe an den gemeinschaftlichen Rechtspositionen ausgeschlossen ist.

Der hiergegen erhobenen Kritik, insbesondere die entgegenstehende Rechtsprechung des OLG Hamm, wonach wegen des Doppelverwertungsverbots (§ 1587 Abs. 3 BGB a.F.) ein Anrecht im Versorgungsausgleich nicht zu berücksichtigen ist, das mit Hilfe von Vermögen begründet wurde, das dem Zugewinnausgleich unterfällt, ist der BGH mit Entscheidung vom 18.01.2012, Az.: XII ZB 213/11, entgegen getreten. Gleichzeitig hat er die Rechtsprechung zu §§ 1587 ff. BGB a.F. für das neue Versorgungsausgleichsrecht nach VersAusglG fortgeführt.

Der BGH hat entschieden, dass auch eine in der Ehezeit erworbene Versorgungsanwartschaft in einer privaten Rentenversicherung, die nach vertraglich vereinbarter Gütertrennung durch einen Ehegatten aus seinem vorehelich erworbenen Privatvermögen begründet, in den Versorgungsausgleich einzubeziehen ist.

Zur Begründung hat der BGH ausgeführt, dass auch nach § 2 VersAusglG alle Anwartschaften auszugleichen sind, die während der Ehezeit durch Arbeit oder aus Vermögen geschaffen oder aufrecht erhalten wurden.Auf die Herkunft oder den Zeitpunkt des Erwerbs des Vermögens kommt es nach dem Gesetzeswortlaut nicht an.

Klar gestellt hat der BGH in diesem Zusammenhang, dass er der Rechtsauffassung des OLG Hamm nicht uneingeschränkt folgt, wonach Vermögen, dass nach Vereinbarung der Gütertrennung in Versorgungsanwartschaften umgewandelt wird, wegen des Verbots der Doppelverwertung nicht auszugleichen wäre. Der BGH vertritt insoweit die Auffassung, dass nur Vermögen, das aus einem vorzeitigen Zugewinnausgleich stammt und in Versorgungsanwartschaften umgewandelt wurde, vom Versorgungsausgleich ausgeschlossen ist (§ 2 Abs. 4 VersAusglG). Dies kann nicht auf die Umwandlung vorehelichen Vermögens in Versorgungsanwartschaften erweitert werden. Mit der Einzahlung in die Rentenversicherung verliert der Geldbetrag seine güterrechtliche Zugehörigkeit zum Vermögen und erlangt statt dessen den Charakter einer Altersversorgung. Damit geht der Wechsel vom Ausgleichssystem des Zugewinns zum Ausgleichssystem des Versorgungsausgleichs einher.

Auch in dieser Entscheidung hatte der BGH den Ausschluss des Versorgungsausgleichs wegen grober Unbilligkeit nach § 27 VersAusglG (eingeschränkt) zu überprüfen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Gesamtumstände es rechtfertigen, von der Halbteilung abzuweichen. Zur Ausfüllung der Gesamtabwägung hat der BGH an die Vorentscheidung angeknüpft und die gleichen Kriterien zugrunde gelegt.

Aus hiesiger Sicht kann der Rechtsauffassung des BGH nicht damit entgegen getreten werden, dass § 2 VersAusglG keine zeitliche Beschränkung enthalte, sondern nur den sachlichen Umfang regele, während §§ 1 Abs. 1 und 3 Abs. 2 VersgAusglG die zeitliche Beschränkung „in der Ehezeit erworben“ beinhalten. Dabei auf den Erwerb des Vermögens abzustellen, dürfte den Wortlaut über Gebühr ausweiten. Der Gesetzestext bezieht sich für den Erwerb eindeutig auf die „Anteile von Anrechten“ bzw. die „Anrechte“, nicht das zur Begründung dieser Anrechte/Anteile verwendete Vermögen.

Nun mag die Einbeziehung von Versorgungsanrechten, die aus vorehelichem Vermögen während der Ehezeit durch Einmalzahlung begründet wurden, in den Versorgungsausgleich für den belasteten Ehegatten ungerecht erscheinen, da er nach Scheitern der Ehe Ausgleich zu leisten hat, der bei Verbleiben des Geldbetrags im Vermögen (Anlage als Kapitallebensversicherung) möglicherweise wegen der Berücksichtigung im Anfangsvermögen nicht auszugleichen wäre. Jedoch bleibt zu berücksichtigen, dass die Entscheidung, den Geldbetrag als Altersvorsorge in einer privaten Rentenversicherung anzulegen, während intakter Ehe gemeinsam getroffen wurde. Es ist daher wichtig, die Rechtsprechung des BGH zu kennen, um entsprechende Entscheidungen der Anlageform oder aber der ehevertraglichen Vereinbarung im Sinne beider Ehegatten sinnvoll treffen zu können. Dabei ist sicherlich auch das gegen die Auffassung des BGH angeführte Argument zu berücksichtigen, dass für den Familienunterhalt der Stamm des Vermögens nur in Ausnahmefällen einzusetzen ist. Dies kann aber bei einer ehevertraglichen Regelung angemessen berücksichtigt werden.