Können Urlaubsabgeltansprüche noch verfallen?

Die Urlaubsabgeltung von im laufenden Kalenderjahr nicht gewährten und genommenen Urlaubs durch den Arbeitgeber kann zu erheblichen wirtschaftlichen Belastungen führen, für die sogar Rückstellungen gebildet werden sollten.

Gem. § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG muss der Erholungsurlaub des Arbeitnehmers im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nach § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dieses rechtfertigen. In diesem Fall muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden.

Nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes galt diese Befristungsregelung auch für den Anspruch auf Abgeltung des Urlaubes, da dieser als Ersatz (Surrogat) für den nicht mehr realisierbaren Urlaubsanspruch verstanden wurde.

Bereits im Jahre 2011 hat das Bundesarbeitsgericht von der o.g. sog. Surrogatstheorie teilweise Abstand genommen bei Arbeitnehmern, die aus krankheitsbedingten Gründen ihren Urlaub auch nicht im Übertragungszeitpunkt nehmen konnten (BAG, Urteil vom 09.08.2011, 9 AZR 352/10).

In seiner neusten Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht die sog. Surrogatstheorie ganz aufgegeben (BAG, Urteil vom 09.06.2012, Az 9 AZR 652/10). Sachliche Gründe dafür, warum für einen arbeitsfähigen Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses andere Regeln für den Verfall des Urlaubsanspruches gelten sollen als für einen arbeitsunfähigen Arbeitnehmer, bestehen nicht. Damit unterfällt der gesetzliche Urlaubsanspruch als reiner Geldanspruch, unabhängig von der Arbeitsunfähigkeit oder Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers, nicht mehr dem Fristenregime des Bundesurlaubsgesetzes. Der Arbeitnehmer kann also seinen Urlaubsabgeltungsanspruch auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne die Fristen des § 7 Abs. 3 BUrlG beachten zu müssen, noch geltend machen.

Das Bundesarbeitsgericht hat allerdings auch dargelegt, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch als reine Geldforderung wie andere Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis einzel- und tarifvertraglichen Ausschlussfristen unterliegt. Sofern keine tarifvertraglichen Ausschlussfristen bestehen, ist jedem Arbeitgeber zu raten, in den Arbeitsverträgen eine AGB-rechtlich wirksame Ausschlussfrist zu vereinbaren, um eventuelle Nachzahlungen an den Arbeitnehmer betriebswirtschaftlich überschaubar zu begrenzen.