§ 566 BGB – „Kauf bricht nicht Miete“ und seine Tücken
Der Grundsatz, dass der Erwerber eines Grundstücks oder einer Eigentumswohnung in den für das Kaufobjekt bestehenden Mietvertrag eintritt, ist wohl allgemein bekannt. Es darf an dieser Stelle aber bereits darauf hingewiesen werden, dass dieser aus dem Wohnungsmietrecht stammende Grundsatz über die Verweisungsnorm des § 578 BGB auch für alle anderen Mietverhältnisse über Immobilien gilt, also auch für Lager-, Werkstatt-, Laden-, Büroräume oder unbebaute Grundstücke.
An den gesetzlichen Vertragsübergang sind aber bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Das ist zum Einen die Veräußerung nach Überlassung an den Mieter und zum Anderen die Personenidentität zwischen Vermieter und Veräußerer. Veräußerung heißt dabei Umschreibung des Eigentums im Grundbuch.
Die zweite Voraussetzung kann dabei verschiedene Schwierigkeiten bereiten. So ist beispielsweise nicht selten zu lesen, dass der vom Eigentümer mit der Verwaltung der Immobilie beauftragte Verwalter bei Mietvertragsabschluss das Vertretungsverhältnis nicht offen legt und deshalb selbst Vertragspartner des Mietvertrags auf Vermieterseite wird. Weiter wird nicht selten zur Bewirtschaftung eines Grundstücks eine Vermietungsgesellschaft in Form einer GbR gegründet, die dann die Mietverträge im eigenen Namen schließt. Letztlich ist die Zahl der notleidenden Immobilien, die unter gerichtlich angeordneter Zwangsverwaltung stehen, immer größer geworden. Auch hier schließt der Zwangsverwalter kraft seiner Bestellung neue Mietverträge im eigenen Namen ab.
All diese Fälle haben eines gemeinsam. Im Falle der Veräußerung greift der gesetzliche Vertragsübergang nach § 566 BGB bei Veräußerung durch den Eigentümer oder Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren nicht ein.
Mit dem letztgenannten Fall des Mietvertragsabschlusses durch den Zwangsverwalter hatten sich die Gerichte zu beschäftigen. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 05.06.2013 zum Az.: VIII ZR 142/12 hierzu entschieden wie folgt:
Dem lag der Sachverhalt zugrunde, dass der Beklagte und Mieter vom Zwangsverwalter die Wohnung angemietet hatte, die spätere Erbbauberechtigte und Klägerin hatte wegen Zahlungsverzugs außerordentlich und fristlos gekündigt und Räumungsklage erhoben. Vor dem Amtsgericht hatte die Klägerin Erfolg, das Berufungsgericht hatte die Räumungsklage abgewiesen, weil die Klägerin nicht Vermieterin geworden sei und dem Beklagten wegen des Mietvertrags mit dem Zwangsverwalter ein Recht zum Besitz zustehe, so dass auch der eigentumsrechtliche Herausgabeanspruch nicht bestehe.
Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und dazu entschieden, dass der eigentumsrechtliche Herausgabeanspruch besteht. Dabei kann sich die Klägerin auf die Erbbaurechtsverordnung, dort § 11 Abs. 1, berufen und wird wie eine Eigentümerin behandelt. Dem Beklagten hingegen hat der BGH die Berufung auf das vom Zwangsverwalter abgeleitete Besitzrecht nach § 986 Abs 1 Satz 1 BGB versagt, da dieses Besitzrecht nicht dem Eigentümer gegenüber bestand. Ein Besitzer kann die Herausgabe gegenüber dem Eigentümer nur dann verweigern, wenn er oder der mittelbare Besitzer, von dem er sein Recht zum Besitz ableitet, dem Eigentümer gegenüber besitzberechtigt ist. Das ist bei einem Besitzrecht gegenüber dem Zwangsverwalter nach aufgehobener Zwangsverwaltung nicht mehr gegeben.
Aber auch den vertraglichen Herausgabeanspruch aus § 546 BGB hat der BGH in diesem speziellen Fall bejaht.
Der BGH hat dazu ausgeführt, dass das Berufungsgericht nicht hinreichend geprüft habe, dass der Mietvertrag durch den Zwangsverwalter mit Wirkung für und gegen den damaligen Eigentümer abgeschlossen worden sein könnte.
Im zu entscheidenden Fall hat der BGH auch einen konkludenten Mietvertragsschluss zwischen der Klägerin und dem Beklagten daraus abgeleitet, dass die Klägerin dem Beklagten schriftlich mitgeteilt hatte, dass sie nun Vermieterin sei und der Beklagte über viele Jahre hinweg den Mietzins an die Klägerin gezahlt und deren Vermieterstellung nicht moniert hatte.
Aus diesen Ausführungen ist aber auch deutlich ersichtlich, dass nur aufgrund dieses konkludenten Mietvertragsschlusses überhaupt eine vertragliche Beziehung zwischen Klägerin und Beklagtem zustande gekommen ist. Die Übernahme des Mietverhältnisses durch die Klägerin stand im beiderseitigen Interesse der Parteien und des Zwangsverwalters, denn nur die Klägerin konnte den Mietvertrag noch durch Gebrauchsüberlassung erfüllen und der Zwangsverwalter hatte kein Interesse mehr am Mietvertrag nach Aufhebung der Zwangsverwaltung.
Daraus können für alle Beteiligten negative Konstellationen entstehen.
Für den Mieter negativ wäre, wenn der Erwerber kein Interesse an der Fortsetzung des Mietverhältnisses hat. Der Mieter läuft dann Gefahr, mit dem Herausgabeverlangen des neuen Eigentümers konfrontiert zu werden, ohne sich diesem gegenüber auf den bestehenden Mietvertrag berufen zu können.
Der Nichteigentümervermieter läuft Gefahr, bei Veräußerung des Grundstücks durch den Eigentümer den Mietvertrag nicht mehr erfüllen zu können und sich Schadenersatzansprüchen des Mieters auszusetzen.
Der Erwerber seinerseits läuft Gefahr, mangels Vertragsübergang den mit dem Mieter vereinbarten Mietzins nicht erlangen zu können. Der nicht fortsetzungswillige Mieter könnte das Mietverhältnis gegenüber dem Vermieter wegen Nichterfüllung der Gebrauchsüberlassung unter Umständen außerordentlich und fristlos kündigen, denn er ist nicht verpflichtet, einem Vermieterwechsel zuzustimmen.
Schon beim Abschluss von Mietverträgen durch und mit Nichteigentümern ist daher besondere Vorsicht und rechtliche Beratung geboten. Auch Zwangsverwalter sollten bei Vertragsabschlüssen während der Zwangsverwaltung besondere Obacht auf die konkreten vertraglichen Formulierungen bei der Person des Vermieters legen, bevor es möglicherweise erst nach vielen Jahren zum Streit über das Mietverhältnis kommt.